Fahnenschwenken

Entstehung und Bedeutung

 

Der Ursprung dieses Traditionsfestes ist nach vielen Recherchen nicht eindeutig zu benennen. Nachforschungen haben ergeben, dass der Brauch aus vorchristlicher Zeit stammt, da die Bauern wie auch heute, ihre Feldbestellung im Mai beendeten und so die Züge durch die Felder begannen, um die bösen Geister zu vertreiben, welche die aufkeimende Saat in Gefahr brachten.

 

Durch die Einführung des Christentums 721 bis 738 in Thüringen wurde die Flurbegehung von der Kirche aufgegriffen und weitergeführt. Der Zug wurde von einem katholischen Priester angeführt, ihm folgend trug man Kruzifixe und Heiligenbilder.

 

Nach der Reformation wurde die Aufgabe des Priesters 1540 dem evangelischen Pfarrer übergeben und Angaben zufolge wurde nun das Schwenken der Fahnen eingeführt. Das Ritual erfolgte unter Leitung des Pfarrers auf einem Feld am Dorfrand und steht in der heutigen Zeit als Symbol für die Bitte an Gott um eine ertragreiche Ernte.

 

Das Fahnenschwenken, auch unter den Namen Flurumgang, Flurbegehung oder Flurweihfest bekannt, wird jährlich zu Trinitatis (Fest göttlicher Dreieinigkeit), dem ersten Sonntag nach Pfingsten begangen. Hierbei handelt es sich um das Schwenken von Fahnen, speziell der Kirchen- und Gemeindefahne über der ergrünenden Flur.

 

 

 

Die Kirchenfahne

 

  • Die Kirchenfahne symbolisiert den starken Glauben.
  • 10 Tage vor dem Pfingstfest 1958 bekam die Gemeinde Flarchheim ihre eigene Fahne (vorher aus dem Nachbardorf Mülverstedt geborgt).
  • Die Fahnenstange und die drei Spitzen wurden aus Lindenholz, welches Herr Eduard Thilo zur Verfügung stellte, handgefertigt.
  • Auf der Fahne mit weißem Hintergrund befindet sich in der Mitte ein violettes Kreuz. (Violett ist die liturgische Farbe der evangelischen Kirche).
  • Die Kosten für die Fahne in Höhe von 26 Mark übernahm der Flarchheimer Herr Polack.


Fahne der Kirche

 

 

 

Die Gemeindefahne

 

 

 

 

  • Ihre erste Gemeindefahne erhielt Flarchheim im Revolutionsjahr 1848.
  • Das Fahnentuch war rot, die Vorderseite mit dem preußischen einköpfigen Adler, mit Krone und Zepter und die Rückseite mit einem zweiköpfigen Adler bedruckt, dem Symbol des 1815 gegründeten Deutschen Bundes.
  • Eichenlaub zu einem Kranz mit roten Schleifen gebunden ziert die Rückseite sowie alle vier Ecken der Vorderseite Die üppige Verwendung des Eichenlaubes bekräftigt wiederum deutsche Stärke und Einigkeit.
  • Durch die jahrelange Nutzung der Fahne machte sich Verschleiß bemerkbar, der eine Neuanschaffung im Jahre1996 erforderte.
  • Beim genauen Betrachten, der angeblich originalgetreu angefertigten Fahne, konnten jedoch einige Unterschiede festgestellt werden.
  • Die Grundfarbe veränderte sich insofern, dass eine Seite der Fahne weiß geblieben, die andere braun wurde.
  • Die vorher aufgedruckten Symbole wurden in aufwendiger Handarbeit aufgestickt.
  • Auf die neue Fahne wurde auch der in altdeutscher Schrift dargestellte Schriftzug "Flarchheimer Schutzgarde" übernommen, der als einstiger Name der Flarchheimer Bürgerwehr gilt.


Die Gemeindefahne

 

 

 


Der Flurgottesdienst

 

Erste Aufschlüsse über den Ablauf des Flurgottesdienstes ergaben sich aus aufgeführten Berichten vom Pfarrer Trostdorf im Jahre 1873. Unter Führung des Pfarrers, ihm folgend der Lehrer mit seinen Schülern und die Dorfbewohner, bewegte sich der singende Zug mit dem Lied "Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht", unter Begleitung einer Blaskapelle zum Dorf hinaus. Das vom Pfarrer ausgewählte Roggenfeld bot den Kirchgängern Einhalt.

 

Es folgte die Predigt verbunden mit Wünschen um gute Witterung, das Behüten der Saat und eine gesegnete Ernte. Nach einem gemeinsamen Vaterunser erfolgte die Segenssprechung, wobei der älteste Bursche die Fahne dreimal über der Flur schwenkte. Im Anschluss ging der Weg zurück zur Schule wo sich nach einem Segenswunsch des Pfarrers der Gemeindezug auflöste.

 

Heute werden das zu segnende Feld und andere Entscheidungen vom Kirchenrat bestimmt. Der Auftakt des Traditionsfestes ist die Tanzveranstaltung am Samstagabend. Am Sonntag treffen sich alle Pfingstburschen und Pfingstmädchen festlich gekleidet mit der Kapelle im Hause des Fahnenschwenkers. Nach einem kurzen Umtrunk erfolgt die Aufstellung des Festumzuges vor dem Haus. Allen voran der Fahnenschwenker mit seiner Pfingstbraut, ihm folgend die Ober- und Unterplatzmeister mit ihren Pfingstmädchen, die Kapelle und die restliche Pfingstgesellschaft.

 

Vor der Gemeinde und vor der Kirche und den sich eingefundenen Dorfbewohnern wird dem ältesten Konfirmanden die Kirchenfahne von einem Kirchenratsmitglied und dem Fahnenschwenker die Gemeindefahne vom Bürgermeister mit den Worten "Zu treuen Händen" und mit der Bitte, die Fahne wohlbehalten zurück zu geben, überreicht.

 

Nach der Übergabe erfolgt die Aufstellung in abgeänderter Reihenfolge. Angeführt vom Träger der Kirchenfahne, ihm folgen der Träger der Gemeindefahne gemeinsam mit dem Ober- und Unterplatzmeister, die Pastorin mit dem Kirchenrat, die Kapelle, die Pfingstgesellschaft und die Dorfbewohner, bewegt sich der Festumzug unter musikalischer Begleitung in Richtung Kornfeld zur Flurweihe. Nach der Predigt der Pastorin und gemeinsamen Gesang erfolgt die Segenssprechung, wobei die Träger die Fahnen gleichzeitig dreimal über die Flur schwenken.

 

Im Anschluss geht der Weg zurück zum Gemeindehaus. Nach einem von der Pastorin gesprochenen Gebet wird unter Glockengeläut die Kirchenfahne abgegeben. Danach zieht der Festumzug, in gleicher Formation wie zum Treff beim Fahnenschwenker, zum Gasthof "Zur Forelle". Dort angekommen erfolgt der "Antanz" durch ausgewählte Pfingstburschen mit ihren Mädchen, danach eröffnet der Fahnenschwenker mit seiner Pfingstbraut den Tanz und fordert Jung und Alt, Klein und Groß auf, das Tanzbein zu schwingen.

 

Nach dem Tanz, am späten Nachmittag, sammelt man sich vor dem Gasthof um die Gemeindefahne zum Gemeindehaus zu tragen und sie in die Obhut des Bürgermeisters zu geben.

 

Als Dank für die unbeschadete Rückgabe der Gemeindefahne überreicht der Bürgermeister dem Fahnenschwenker unter dem Jubel der Pfingstgesellschaft zwei Flaschen Schnaps, die gleich vor Ort unter musikalischer Begleitung geleert werden. Damit klingt der Tag aus.

 

Abgabe der Fahnen