Maienfest

Entstehung und Bedeutung

 

Wie bei vielen Brauchtumsfesten geht das Maienfest zurück auf heidnische Bräuche, die stets naturverbunden waren. Das Datum bezieht sich auf die Sommersonnenwende, die als Erwachen der Natur gefeiert wurde. Deshalb ist auch die Maie - eine frisch ergrünte Birke das Symbol dieses Festes und gleichzeitig Namensgeber. Das Symbol des Maienfestes, die Maie, die zu Pfingsten aufgestellt wurde, findet nach vier oder fünf Wochen an einem Sonntag ihr Ende, indem sie umgeworfen wird. Deswegen wird das Fest auch oftmals als Maienumwerfen bezeichnet.

 

Der genaue Werdegang, der zur Entwicklung des Maienfestes in unserer Gemeinde führte, ist nicht belegt. Sicher ist die Anlehnung an den Johannistag (21. Juni), der als Tag des höchsten Sonnenstandes schon von den Germanen gefeiert wurde. Trotzdem geht dieses Brauchtum in unserer Region bis ins Mittelalter zurück und wurde mit dem christlichen Johannistag (nach Johannes dem Täufer) verbunden. Der Grund, warum sich dieses Brauchtum so langfristig gehalten hat, ist sicher auch darin zu suchen, dass die ländliche Jugend vor Beginn der anstrengenden Sommerarbeit noch einmal richtig feiern wollte.

 

 Das Maienfest

 

 

Der Maientanz

 

Zu erwähnen ist, dass nach urkundlichen Belegen während des 1. und 2. Weltkrieges das Maienfest nicht stattgefunden hat. Der Tanz am Samstagabend wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Flarchheim eingeführt, die Maienfestspiele fanden traditionsgemäß am Sonntag statt. Am Abend trafen sich, der Oberplatzmeister und Fahnenschwenker mit ihren Begleiterinnen, beim Unterplatzmeister, der für die Organisation des Maienfestes verantwortlich war, zum Abendessen.

 

Etwas später kamen die Pfingstburschen und Mädchen hinzu, um gemeinsam mit der Musikkapelle durch das Dorf zum Tanzsaal zu ziehen. Der Unterplatzmeister führte die Pfingstgesellschaft an und eröffnete somit den Tanzabend.

 

In den 60er und 70er Jahren fanden keine Maienfestspiele statt und somit verlor das Fest an Bedeutung. Der Tanz stellte den einzigen Höhepunkt dar. Erst in den 80er Jahren erwachte wieder das Interesse an der alten Tradition. Seit ein paar Jahren wird nun im Festzelt auf dem Sportplatz getanzt und anschließend im Hause des Unterplatzmeisters weiter gefeiert.

 

 

Der Festumzug

 

Samstagnachmittag traf sich die Pfingstgesellschaft vor dem Gelage des Platzmeisters, um anschließend gemeinsam durch die Straßen zu ziehen. Der Läufer führt durch das Knallen mit seiner Geschel (Peitsche mit kurzem Stiel und langen Riemen) den Festumzug an.

 

Durch sein ununterbrochenes Geschelknallen warnt er die Zuschauer vor den Nachfolgenden. Das Amt des Läufers wird immer auf einen der jüngsten Pfingstteilnehmer (14/15 Jahre) übertragen, der wochenlang vorher das Knallen mit der Peitsche trainiert. Bis zu den 60er Jahren war der Läufer weiß gekleidet und an seinen Schultern flatterten bunte Röckelbänder (1 m lange u. 10 cm breite Bänder), manchmal zierte seinen Kopf ein mit Feldblumen geschmückter Strohhut.

 

Ihm folgen die Platzmeister im schwarzen Gehrock, Schärpe und Zylinder hoch zu Ross, die Musikkapelle, die kostümierten Schausteller und die Pfingstteilnehmer in festlicher Kleidung. Früher bildeten ein Ackerwagen mit den zum Bauernstück gehörenden Spielern in Bauerntracht und ein fahrender Handwerksbursche mit zerschlissenem Anzug den Abschluss. Die Bauerntracht bestand aus einem blauen Leinenkittel mit bunt bestickter Halskrause, einem roten Halstuch, einer schwarzen Kniebundhose, weißen Strümpfen und Schnallenschuhen, auf dem Kopf das Samtdeck (runde schirmlose Mütze aus Samt).

 

Maienfest

 


Die Maienspiele

 

Nach Beendigung des Umzuges begannen bis zum 2. Weltkrieg auf dem Dorfanger, später auf dem Sportplatz, die Festspiele, die als "Bargwerk" bezeichnet werden. Diese beginnen mit einer Rede durch den Unterplatzmeister, der die Gäste in Gedichtform begrüßt. Das folgende Bargwerk bestand früher aus zwei Teilen, dem Ritterspiel und einem Bauernstück. Um das Ritterspiel möglichst naturgetreu nachzustellen wurden heimische Pferde zur Verfügung gestellt und einige Ausrüstungsgegenstände aus der Umgebung ausgeliehen. Das Bauernstück in Mundart beinhaltete das dörfliche Geschehen des vergangenen Jahres und war oft recht derb.

 

Die Schauspieler hielten in Anlehnung an das alte "Rügegericht" gewissermaßen Abrechnung mit ihren Mitbürgern. Nach Beendigung der Aufführungen folgten Schauspieler und Gäste dem Läufer. Dieser ging ihnen mit seinem Geschelknallen voraus zum Tanzboden. Mit Einführung der LPG in Flarchheim im Jahr 1960 endete die Aufführung der Ritterspiele, dann wurden für die 60er und 70er Jahre die Maienfestspiele nicht mehr durchgeführt, da sie dem damaligen DDR-Regime nicht entsprachen. Mit Beginn der 80er Jahre nahm man die Tradition in abgeänderten Formen wieder auf.

 

Es werden keine eigenen Bauernstücke mehr verfasst, sondern von den umliegenden Dörfern übernommen. Als Anlehnung an das "Rügegericht" wird ein so genanntes "Schlechtmacherstück" aufgeführt, das die Akteure selbst verfasst haben. Diese Darbietung, die in witziger Weise die Schwächen der Mitmenschen und Vorkommnisse des Ortes zum Inhalt haben, ist der Höhepunkt der Veranstaltung. Nach den Darbietungen findet ein Nachmittagstanz statt. Seit Ende der 80er Jahre folgt noch ein Fußballturnier der Pfingstburschen gegen die "Alten Herren".

 

Maienfest spiel 

 

 

Das Umwerfen der Maie

 

Nach den Festspielen zogen die Burschen und Mädchen unter Voranschreiten der Musikkapelle zum Gelage, um dort die Maie umzuwerfen. Der Maibaum wurde aus seiner Verankerung gelöst und vorsichtig umgeworfen (Die Maie war Eigentum des Oberplatzmeisters und wurde von ihm zu Brennholz verarbeitet). Um beim Umstürzen Schäden zu verhindern, hatte man den Baum vorher schon ein Stück gekürzt. Auf Grund der langen Standzeit des Maibaumes kam es oftmals zu Schäden an Dachkästen, Fensterbänken oder Hausfassaden, für die der Oberplatzmeister aufkommen musste. Aus diesem Grund erhielt er eine kleine Entschädigung die vor dem 1. Weltkrieg 6 Mark, später 10 Mark und am Ende der 40er Jahre 20 Mark betrug. In den 50er Jahren wurde das Einstandsgeld abgeschafft, welches der Oberplatzmeister zu Beginn des Pfingstfestes in Höhe von 20 oder 30 Mark zu entrichten hatte.

 

Mit dem Umwerfen der Maie war das eigentliche Maienfest vorüber. Der abendliche Tanz glich dem zu Pfingsten und Fahnenschwenken. In den 80er Jahren beschloss man, die Maie auf dem heimischen Sportplatz aufzustellen, dem Aufführungsort der Festspiele, um weiteren Schäden vorzubeugen. Sie wurde erst ein bis zwei Tage nach dem Fest umgeworfen. Die an den Häusern der Pfingstmädchen aufgestellten Birkenbäume wurden ebenfalls entfernt. Seit 2003 finden das Aufstellen der Maie vor dem Gasthof "Zur Forelle" und die Festspiele auf dem Sportplatz statt. Diese Tradition wurde bis zum heutigen Tag beibehalten. Am Tag der Festspiele werden Lose verkauft, mit welchem man die Möglichkeit hat, ein ca. 1m langes Stück von der Maie zu gewinnen. Ein Los kostete 50 Pfennige, später 1,- DM und seit 2002 1,- €. Die Einnahmen werden für kleine Präsente (Kutscher, Bauernstückschreiber, Sponsor der Pferde) und für die Bezahlung der Musikkapelle verwendet.

 

Die Festspiele, die eine Besonderheit unseres Ortes sind, tragen zum Gemeinschaftsgefühl der Einwohner bei. Niemand möchte fehlen, wenn einzelne Personen oder Begebenheiten spaßig aufs Korn genommen werden. Das gibt über den Festtag hinaus noch lange Gesprächsstoff und jeder hofft, nicht im nächsten Jahr aufs Korn genommen zu werden.

  

 

 

 

Auszug aus der Maienfestpredigt von 1903, niedergeschrieben von Gustav Polack

 

Drum ziehen wir in den grünen Wald und fällen eine Maie und tragen sie vor unser Versammlungshaus, wird auch die Schulter mal blaue.

 

Wir richten sie auf bei Instrumentenklang mit fröhlichen Jauchzen und Singen, da wird wohl keinem die Zeit zu lang, wenn hell die Gläser klingen.

 

So wollen wir Pfingsten feiern und wollen fröhlich sein, so lang wir noch jung, so lang noch wachsen die Maien.

 

Bewahren die alte Sitte, daran sich schon erfreut auch unsere Eltern haben in ihrer Jugendzeit, denn die, die nach uns kommen wollen auch nicht traurig sein.

 

Drum soll nun unser Wünschen an diesem Tag heut sein, der Jugend bleibt erhalten dies Fest noch Jahr um Jahr und gern mag sie es feiern in ihrer eignen Art.